Einst verbotene Gladbacher Ultràgruppe wiederbelebt
Das 1998 gegründete Scenario Fanatico wurde am 25. Juli 2001 durch Holger Spiecker, damals Fanbeauftragter bei Borussia Mönchengladbach, verboten. Das Scenario Fanatico war damit die erste deutsche Ultràgruppe, die vom eigenen Verein verboten wurde. Nun wurde das Scenario Fanatico wiederbelebt.
Beim Europa League Auswärtsspiel in Florenz, anschließend beim Bundesligaspiel in Ingolstadt und beim Pokalspiel in Hamburg hingen die Zaunfahnen der Mönchengladbacher Ultràgruppe wieder. Am Samstag war erstmals wieder eine Scenario Fanatico Zaunfahne bei einem Heimspiel von Borussia Mönchengladbach zu sehen.
Wie Faszination Fankurve aus Mönchengladbacher Fankreisen erfuhr, wurde das Scenario Fanatico durch einige ältere Ultras wiederbelebt und tritt seit dem Spiel in Florenz wieder offiziell als geschlossene Gruppe auf. Das Scenario Fanatico ist demnach als Teil der Mönchengladbacher Ultràszene aktiv.
Die Presseabteilung von Borussia Mönchengladbach bestätigte auf Nachfrage von Faszination Fankurve, dass die Zaunfahnen des Scenario Fanatico bei Heimspielen von Borussia Mönchengladbach erlaubt sind und das Verbot der Gruppesymbole aus dem Jahr 2001 keine Gültigkeit mehr hat. Das heutige Scenario Fanatico sei demnach eine Gruppe unter neuer Zusammensetzung, die den Namen der damaligen Mönchengladbacher Ultràgruppe übernommen habe.
Borussia Mönchengladbach betont, dass das Verbot kurz nach der Jahrtausendwende vor allem wegen wenigen problematischen Personen innerhalb des Scenario Fanaticos ausgesprochen wurde, vor allem soll es um eine Person gegangen sein. Da die problematischen Personen nicht Teil des wiederbelebten Scenario Fanaticos sein sollen, sind die alten Zaunfahnen der Gruppe auch bei Heimspielen erlaubt. Im Borussia-Park hing am Samstag erstmals eine Zaunfahne des Scenario Fanaticos, da die Fohlenelf bis zum Verbot der Gruppe noch am Bökelberg spielte.
2001 wurde das Verbot des Scenario Fanaticos mit einem Unterwanderungsversuch innerhalb der Fanszene begründet. „Grund war ein aufgedeckter Unterwanderungsversuch innerhalb der Fanszene Mönchengladbachs, vor allem im neu gegründeten AGAF (Aktionsgemeinschaft aktiver Fans und Fan-Clubs) die zukünftig unter dem Namen 'Mönchsbande' auftritt. Obendrein wurden handelnde Personen des Fanprojekts hintergangen und für ihre eigenen 'Ziele' missbraucht. Scenario Fanatico hatte in ihrem Diskussionsforum bewusst zu strafbaren Handlungen innerhalb diverser deutscher Stadien aufgerufen und wollte bewusst die Förderung durch das Fanprojekt und durch Borussia zum Eigenzweck ausnutzen, die Mitgliederzahl ständig erhöhen und so am Ende, auch mit Gewalt, der Szene ihren eigenen Stempel aufdrücken“, hieß es in der damaligen Stellungnahme des Fanprojekts Mönchengladbach e.V. (heute FPMG Supporters Club).
Neben dem Gruppenverbot wurden 2001 vier Stadionverbote mit einer Gültigkeit von bis zu fünf Jahren gegen Personen des Scenario Fanaticos ausgesprochen. Drei der Betroffenen sollen „verantwortliche Personen“ in der Gruppe gewesen sein. Laut Vereinsangaben sind diese Leute aber nicht an der jetzigen Wiederbelebung der Gruppe beteiligt. Schon 2005 erklärte Thomas Ludwig, Vorsitzender des FPMG Supporters Club, gegenüber Faszination Fankurve, dass die ehemaligen Mitglieder des Scenario Fanatico größtenteils erfolgreich in die Strukturen des Mönchengladbacher Fanszene wiedereingegliedert wurden und in der Mönchengladbacher Ultràszene aktiv sind.
Das Scenario Fanatico meldete sich 2001 ebenfalls zu dem Verbot zu Wort und bestritt für das Abbrennen von Pyrotechnik in dieser Zeit verantwortlich gewesen zu sein. „Wenn Rauchtöpfe und bengalische Feuer bei Spielen abgebrannt wurden, so wurde dies von Einzelpersonen durchgeführt. Hierbei handelte es sich nicht um eine vorher geplante, besprochene und finanziere Fanclubaktion. Intern wurde gerade in der jüngsten Vergangenheit die Durchführung von Pyroaktionen sehr kritisch gesehen“, erklärte die Gruppe damals in einem Brief an das Fanprojekt, in dem zudem Erpressungsversuche und Aufrufe zu Gewalt und Straftaten bestritten wurden. Weiter kritisierte das Scenario Fanatico damals, dass das Verbot auf Vorwürfen basierte, die auf interne Postings aus dem eigenen Mitgliederforum zurückgingen, die nur durch ein Eindringen in das Forum und durch die Verletzung von Persönlichkeitsrechte der Mitglieder, nach außen drangen.
Nach dem Verbot des Scenario Fanatico entwickelte sich die Mönchengladbacher Ultràszene bei der zu dieser Zeit aus der Taufe gehobenen Mönchsbande, bevor sich circa zwei Jahre später die Ultras Mönchengladbach gründete. Am 20. März 2008 lösten sich die Ultras Mönchengladbach nach fast fünf Jahren Gruppengeschichte auf, nachdem deren Heimzaunfahne in den Händen der Kölner Wilden Horde landete. Später im Laufe des Jahres 2008 wurde der Block 1900 als eine Art Dachverband der Mönchengladbacher Fanszene ins Leben gerufen, mit ultràorientierten Gruppen wie Begleitservice, Obsession Ultra und Banda Sud. Der Block 1900 zog in die Mitte des Oberrangs im Borussia-Park, bevor man kurze Zeit später aus Kapazitätsgründen in den Eckblock des Oberrangs wechselte.
2009 kam die Gruppe Sottocultura hinzu. Zur Saison 2012/2013 zog der Nordkurven e.V. bzw. der Block 1900 zurück in die Mitte des Unterrangs im Borussia-Park, wo die Mönchengladbacher Ultràszene bis heute beheimatet ist. In den letzten Jahren entwickelte sich Sottocultura gemeinsam mit der Jugendgruppe Ascendente zu führenden Großgruppe in der Mönchengladbacher Ultràszene. Der Nordkurve e.V. wurde zum Sottocultura-Förderkreis und unterstrich die Vormachtstellung von Sottocultura. Mit der Wiederbelebung des Scenario Fanaticos ist die Mönchengladbacher Ultràszene nun um eine Gruppe reicher. (Faszination Fankurve, 06.03.2017)