Rudolf Berthold (* 24. März
1891 in Ditterswind;
† 15. März
1920 in Harburg an der Elbe) war ein deutscher Jagdflieger
im Ersten Weltkrieg und Führer eines Freikorps.
Bei der Kapitulation seines am Kapp-Putsch
beteiligten Freikorps hatte seine Einheit mehrfach ohne Ankündigung in eine
Gruppe Harburger Arbeiter geschossen. Danach wurde Berthold von einer wütenden
Menschenmenge misshandelt und durch Schüsse getötet.
Der Kieler Matrosenaufstand, die darauf folgende Novemberrevolution, die Abdankung
Kaiser Wilhelm II. sowie der Waffenstillstand von Compiègne erschütterten
den nationalistisch und kaisertreu gesinnten Berthold tief. Die
demokratischen Parteien, insbesondere die linken Gruppierungen und deren
Vertreter wurden von ihm als „Gassen- und Strassensozialisten“ abgelehnt.
Berthold gründete daraufhin mit Genehmigung
der Reichsregierung das „Fränkische Bauerndetachement Eiserne
Schar Berthold“ mit Standort in Bad Kissingen.
Das Freikorps
erhielt Ausrüstung, Verpflegung und Sold aus staatlichen Mitteln. Bereits im
September sollte die „Eiserne Schar“ wieder aufgelöst werden. Dem entzog sich
Berthold und verlegt das Freikorps nach Königsberg. Berthold gliederte seine Truppe in
die Eiserne Division ein und beteiligte sich mit
dieser am Lettischen Unabhängigkeitskrieg auf dem
Baltikum. Aus diesem Grund zählte man auch die Eiserne Schar Bertolds zu den „ Baltikumern“.
Anfang 1920 wurde das Freikorps zur Demobilmachung
ins innere Deutschlands verlegt. Im Kehdinger Land bei Stade, vor den Toren
Hamburgs, quartierte sich das Korps ein. Berthold widersetzte sich jedoch jedem
Befehl zur Entlassung. Er entwickelte eine rege Tätigkeit in nationalistischen
Militärkreisen. Dabei sah er in der Errichtung einer Militärdiktatur nach dem
Vorbild Horthys in Ungarn das richtige Ziel.
Anfang März 1920 verhandelte Berthold in
Berlin über die Angliederung seiner Truppe an die Marine-Brigade von Loewenfeld. In einem
Brief vom 6. März 1920 schrieb er: „Was die politischen Verhältnisse angeht, so
drängt ja, Gott sei Dank, jetzt alles zur Entscheidung … Die Verhältnisse haben
sich so zugespitzt, dass vielleicht schon in Tagen der große Schlag erfolgt.“
Und am 13. März 1920 begann der erwartete
Putsch durch den Einmarsch der Brigade Ehrhardt in Berlin unter dem Kommando
von General Walther von Lüttwitz. Die Putschisten hatten
den Landschaftsdirektor Kapp als Reichskanzler eingesetzt. Berthold beschloss,
sich mit seinen Offizieren am Putsch zu beteiligen. Zuerst wollte die Truppe
von Stade aus mit dem Zug nach Altona
fahren, um sich dort den Putschisten unter Oberst Wangenheim anzuschließen. Das
scheiterte zunächst an der Weigerung der demokratisch gesinnten Eisenbahner
einen Zug zu stellen. Am folgenden Tag erzwangen die Soldaten „unter brutaler
Anwendung von Gewalt und Todesbedrohungen, die sich auch auf die
Familienangehörigen der Eisenbahnbeamten ausdehnte“ – so der Stader
Regierungspräsident – die Bereitstellung eines Zuges.
Das erste Ziel Bertholds war Harburg. In der
auf der Strecke nach Hamburg liegenden preußischen Stadt Harburg (Elbe) waren bereits die mit dem
Kapp-Putsch sympathisierenden Offiziere des dort stationierten etwa 900 Mann
starken Pionier-Bataillons verhaftet und unter Hausarrest gestellt worden. Die
Unteroffiziere und Mannschaften hatten sich nach der Festnahme ihrer Offiziere
für die Republik erklärt. Berthold beabsichtigte die Wiederherstellung der
Befehlsgewalt der Offiziere und die Entfernung aller regierungstreuen Soldaten.
Außerdem plante er, seine Leute dort aus Beständen der Reichswehr auszurüsten.
In Harburg waren die „Baltikumer“ gezwungen,
in der Schule Woellmerstrasse Quartier zu beziehen. In Verhandlungen wurde
Berthold sowohl von sozialdemokratischer als auch von bürgerlicher Seite
aufgefordert, mit seiner Truppe ohne Halt direkt nach Berlin zu fahren.
Berthold lehnte dies ab. Er machte einen Abzug von Bedingungen abhängig. Daraufhin
radikalisierte sich die Stimmung in der Stadt – insbesondere in der
Arbeiterschaft.
Die Schule in der Woellmerstraße im Stadtteil
Heimfeld wurde von Schaulustigen, Angehörigen
eines meuternden
Pionier-Bataillons, und von der inzwischen bewaffneten und unter
sozialdemokratischer Führung stehenden Miliz
belagert. Berthold forderte: „Platz frei – es wird geschossen.“ Mit
Maschinengewehr wurden Warnschüsse über die Köpfe der Menge gegeben. Das Feuer
wurde erwidert, worauf von Bertholds Freikorps in die fliehende Menge geschossen
wurde. Mehrere Menschen brachen tot oder verwundet zusammen. Die Schule wurde
unter Dauerbeschuss genommen.
Berthold war zu Kapitulationsverhandlungen
gezwungen, die zu dem Ergebnis führten, dass der „Eisernen Schar“ nach Abgabe
aller Waffen, freier Abzug zurück nach Stade gewährt werden soll. Während der
Waffenabgabe fielen wieder Schüsse, „die anscheinend von Baltikumern aus dem
Hinterhalt abgegeben“ wurden – so die bürgerliche Harburger Anzeigen und
Nachrichten am 16. März 1920. Tatsächlich lässt sich nicht zweifelsfrei
klären, von welcher Seite die Schüsse abgefeuert wurden. Jedenfalls flammte
erneut ein Schusswechsel auf. Die Baltikumer mussten wegen Munitionsmangel nach
kurzer Zeit das Feuer einstellen. Dennoch hatte die Aktion zu einer außerordentlichen
Erregung und Erbitterung der überwiegend unbewaffneten Menge geführt. Denn nach
ihrer Wahrnehmung hatte die Eiserne Schar zweimal in eine nichtsahnende Menge
geschossen. Die Menge fing an, auf die abziehenden Soldaten einzuschlagen.
Geschützt von bewaffneten Arbeitern versuchte
Berthold in ein Wirtshaus zu fliehen. Ein Teil der wütenden Menge verfolgte sie
und holte Berthold aus dem Gebäude heraus. Als er auf der Straße geschlagen und
getreten wurde, zog Berthold eine kleine Pistole, um sich zu verteidigen. Die
Pistole wurde ihm jedoch entrissen und damit auf ihn geschossen. Außerdem
trafen ihn zwei Gewehrschüsse. Der am 16. März 1920 ausgestellte Totenschein
wie auch der Obduktionsbericht verzeichneten zwar schwere, jedoch keineswegs
tödliche Quetschungen durch Schläge, Tritte und möglicherweise Kolbenhiebe.
Getötet wurde er durch die Schüsse.
Während die „Baltikumer“ außer Berthold zehn
Tote verzeichnen, starben auf Seiten der Harburger 14 Personen. Beide Seiten
hatten jeweils etwa 20 zum Teil schwer Verletzte. Berthold wurde auf dem
Berliner Invalidenfriedhof beigesetzt. Sein Grabstein,
eine bronzene Platte, verschwand nach 1945. Heute erinnert ein erneuerter Stein
an ihn.
Das in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) Ende
April 1919 als "Fränkisches Bauern-Detachement" aufgestellte
Freikorps stand unter der Leitung von Hauptmann Rudolf Berthold (1891-1920).
Zunächst in Unterfranken aktiv, wurde das Freikorps (Kampfname "Eiserne
Schar" Anfang Juni 1919 nach München verlegt, im August nach Bayreuth. Im
September 1919 wich die Eiserne Schar, um ihrer Auflösung zu entgehen, ins
Baltikum aus, wo sie sich an Kämpfen der Westrussischen Befreiungsarme gegen
die Rote Armee und die Republik Lettland beteiligte. 1920 war die nach
Deutschland zurückverlegte Eiserne Schar am Kapp-Lüttwitz-Putsch beteiligt. Ihr
Kommandeur Rudolf Berthold kam dabei in Hamburg-Harburg bei
Auseinandersetzungen mit Demonstranten ums Leben. Kurz darauf wurden die Reste
der Eisernen Schar aufgelöst.