Korruptionsverdacht: Zwei Strafverfahren und sechs
Festnahmen bei Fifa in Zürich
27. Mai 2015, 13:21
Kurz vor Blatter-Wiederwahl: USA und Schweiz gehen gegen
hochrangige Funktionäre vor – Fifa will Kongress, Präsidentschaftswahl, WM 2018
und 2022 durchziehen
Kurz vor dem Beginn des Fifa-Kongresses in Zürich haben die
Schweizer Ermittlungsbehörden am Mittwoch sechs hochrangige Funktionäre des
Fußball-Weltverbandes festgenommen. Die Schweizer reagierten damit auf ein
Auslieferungsersuchen der US-Behörden im Rahmen von FBI-Ermittlungen, die seit
den 1990er-Jahren laufen.
Dabei geht es um Betrug, Erpressung, Geldwäsche und
Korruption bei der Vergabe von Vermarktungs-, Sponsoring- und
Übertragungsrechten sowie Weltmeisterschaften – bis zu 150 Mio. Dollar sollen
dabei geflossen sein. FBI-Chef James Comey sagte: "Die Beschuldigten
pflegten eine Kultur der Korruption und Gier. Geheime, illegale Zahlungen,
Kickbacks und Schmiergeld sind zur Art und Weise geworden, wie man in der Fifa
Geschäfte macht."
Gegen 14 Personen werde ermittelt, neun werden angeklagt,
darunter die sechs in Zürich festgenommenen und der Ex-Concacaf-Boss und
frühere Fifa-Vizepräsident Jack Warner, der bereits 2011 nach
Korruptionsvorwürfen im Bezug auf die WM-Vergabe 2022 zurücktreten musste.
BBC und New York Times veröffentlichten die Namen von vier
Verhafteten: Jeffrey Webb (Concacaf-Präsident und Fifa-Vizepräsident), Eugenio
Figueredo (Conmebol-Präsident und Fifa-Vizepräsident), Eduardo Li (Präsident
des Fußballverbands von Costa Rica) und José Maria Marin (brasilianischer
Verbandspräsident). Li wäre vermutlich am Freitag ins Exekutivkomitee gewählt
worden, Marin war im Organisationskomitee für die WM 2014.
Schweizer Behörden ermitteln wegen WM-Vergabe an Katar und
Russland
Ein zweites Strafverfahren leiteten die Schweizer Behörden
selbst ebenfalls am Mittwoch ein. Zehn Funktionäre wurden im Bezug auf die
umstrittene Vergabe der WM 2018 an Russland und der WM 2022 in Katar befragt.
Die Fifa selbst habe diese Ermittlungen angestoßen, sagte der Weltverbandssprecher
Walter de Gregorio bei einer Pressekonferenz (Nachlese). Man habe den Behörden
bereits im November unter anderem die Akten des Korruptionsberichts von Michael
Garcia übergeben.
Fifa-Boss Josef Blatter (79) gehört nicht zu den Verdächtigten.
"Er tanzt natürlich nicht in seinem Büro, aber er ist entspannt",
ließ De Gregorio über den Fifa-Verantwortlichen ausrichten. Blatter soll sich
am Wochenende wie geplant zur Wahl für eine weitere Amtsperiode als Präsident
stellen, der Kongress also durchgezogen werden. Auch für die verhafteten aber
der Unschuldsvermutung unterliegenden Personen gebe es bisher keine
Konsequenzen, sagte De Gregorio. Sie dürfen demnach beim Kongress wählen,
sofern sie anwesend sind. Nach derzeitigem Stand würden auch die WM 2018 und
die WM 2022 im vorgesehenen Rahmen stattfinden. (red, 27.5.2015)