Jetzt ist das "alternative
Fussballmagazin" auch schon 15 Jahre alt. Quasi im besten Flegelalter und
auf dem Sprung zu einem arrivierten Medium. Mit einem in weiss, knallorange und
schwarz gehaltenen Cover wird diese Tatsache gefeiert. Inklusive vieler
Jubelbeiträge, die natürlich zurecht erfolgen und einigen szenespezifischen
"Ultrathemen".
Wie dem zehnten Jahrestag der
Auflösung der Fossa dei Leoni, Italiens erster anerkannter Ultragruppierung.
Was damals vor zehn Jahren tatsächlich passiert ist weiss bis heute nur ein
relativ kleiner Kreis von Menschen sicher, Fakt ist dass der Auslöser jene
unfaire "Rubati" Aktion der Fossa war die vergessene Fahnen der in
Milano beheimateten Turiner Fangruppe "VIKING NAB" als Kriegsbeute
präsentiert haben. Die Antwort der Juventini war, den Fahnenträger der
"Fossa" mit zehn Mann zu überfallen und unter Waffengewalt zur
Herausgabe des historischen Auswärtstransparentes zu nötigen. Eine
"anonyme" Anzeige bei der DIGOS (ital. Spezialpolizei) erfolgte was
die gesamtitalienische Szene als Verrat an den Ultras empfand, genoss die Fossa
als älteste Gruppe doch einen gewissen Sonderstatus innerhalb (und ausserhalb)
Italiens. Auf den Rängen begann dann ein Machtkampf zwischen der vereinstreuen
Brigate Rossonere und der Fossa, die letztere verlor. Es ging um die Führung
der Kurve (in Italien bekam die führende Gruppe Kartenkontingente und andere
Vergünstigungen vom Verein) und natürlich um viel Geld, welches die Fossa
hatte. Über 5.000 (zahlende) Mitglieder und eine ausgeklügelte
Merchandisinglinie - der Löwenkopf war überall bekannt und oftmals von anderen
Gruppen kopiert - garantierte dies. Die 15 Köpfe der Fossa, die darüber
verfügten bekamen von der Milanszene "Stadionverbot", der grosse Rest
der Mitglieder durfte allerdings - auch mit den Fanartikeln der Fossa gewandet
- ins Stadion. Transparente wurden nicht geduldet.
Viele - auch die Redakteure und
Gastschreiber des Ballesterer - sahen darin nicht ganz zu Unrecht auch den
Beginn des Untergangs der (linken) Gruppen im Land, war doch die Fossa - und
soweit stimmt der Artikel ganz sicher - eine sehr unangepasste Gruppe. Aus der
linken Protestszene der 60er Jahre entstanden (wie übrigens auch die BRN)
änderte sie im Laufe ihres langen Bestehens eigentlich nie ihre
Grundausrichtung und war der Dorn im Fleisch des Vereines, der zu den reichsten
und erfolgreichsten gehört. Ihre kurvenumspannenden Choreos mit teils feiner
politischen Aussage und erklärter Liebeserklärung dem rotschwarzen Verein gegenüber
sind immer noch Vorbild für viele Kurven in der ganzen Welt, bis nach Japan
haben es "Kopien" der Fossakurvenshows geschafft.
Trotzdem stand die Fossa auch
immer für das gelungene Zusammenleben mehrerer Strömungen innerhalb der Szene
des AC Milans und genierte sich auch nicht, gemeinsam mit den anderen Gruppen
aufzutreten. Sei es bei Choreos oder beim einträchtigen Nebeneinanderhängen der
Transparente im Sektor. Da war es vollkommen egal ob ein Löwenkopf neben einem
Hund oder einem Totenschädel hing, es zählte nur Rotschwarz. Für viele
angeblich politische Szenen und Kurven heute ein Unding, sind sie doch in ihren
eigenen Dogmen so verstrickt dass sie nicht über den Tellerand sehen können.
Politik als Selbstzweck, Fussball als Medium. Dies hatte die Fossa nie gemacht,
sie ist für ihre Art zu existieren eingestanden - nicht mehr und nicht weniger.
Missioniert hat sie nie. Einen Kreuzzug führte sie auch nie. Feinde im eigenen
Lager hat sie auch nie gesucht. Dafür hat sie über einen langen Zeitraum die Führung
und den Respekt einer Kurve und eines Landes gehabt.