Freitag, 20. Februar 2015

Erste Konsequenzen in Köln

Verein spricht Stadionverbote gegen Boyz & "Umfeld" aus

Pyroaktion der Kölner Fans vor Anpfiff. Bild: Faszination Fankurve

Der 1. FC Köln hat lokale Stadionverbote gegen Personen ausgesprochen, die der Verein den Boyz Köln bzw. deren Umfeld zuordnet. Entsprechende Schreiben erreichten die betroffenen Personen heute. Am Montag kündigte der Verein Stadionverbote gegen Boyz-Mitglieder an.
Wie der Verein gegenüber Faszination Fankurve wurden die lokalen Stadionverbote gegen 45 Personen ausgesprochen. Damit hat der 1. FC Köln sich an der am Rosenmontag ausgegebene Zahl orientiert. In dem Schreiben, das der Faszination Fankurve Redaktion vorliegt, heißt es: „Nach unseren Informationen sind Sie Mitglied der Ultra-Gruppe „Boyz“ oder stehen dieser Gruppierung zumindest sehr nahe.“
Weiter heißt es in dem von den Geschäftsführern Alexander Wehrle und Jörg Schmadtke unterschriebenen Schreiben, dass die Boyz dem Verein wiederholt geschadet hätten und das führende Mitglieder der Gruppe an der Pyroaktion und am Platzsturm in Mönchengladbach beteiligt waren. Deshalb sei es zu befürchten, dass Personen, die nun ein lokales Stadionverbot erhielten, durch ihre Mitgliedschaft bzw. Nähe zu den Boyz auch in Zukunft eine Gefahr für die Sicherheit bei Veranstaltungen des 1. FC Köln darstellen könnten.
Deshalb sah sich der Verein gezwungen gegen die entsprechenden Personen ein sofort gültiges lokales Stadionverbot auszusprechen. Die Dauer der Stadionverbote sind unbefristet. Die Entscheidung sei unter Mitwirkung der Stadionverbotskommission des Vereins getroffen worden, heißt es in dem Schreiben.
Am Montag hat der 1. FC Köln dem Fanclub Boyz den Fanclubstatus aberkannt und deren Teilnahme an der Arbeitsgruppe Fankultur untersagt (Faszination Fankurve berichtete). Damals wurden weitere Sanktionen, wie Stadionverbote und der Entzug von Dauerkarten noch für diese Woche, angekündigt. Mit der Aussprache von lokalen Stadionverboten wurde nun eine weitere Sanktion umgesetzt.
Nach Informationen von Faszination Fankurve liegt dem 1. FC Köln keine aktuelle Mitgliederliste der Boyz Köln vor. Nach welchen Kriterien der 1. FC Köln eine Person dem Umfeld der Boyz zuordnet bzw. wen man zu den Mitgliedern der Gruppe zählt ist unklar. Gegenüber Faszination Fankurve ließ der Pressesprecher des 1. FC Köln, Tobias Kaufmann, wissen, dass der 1. FC Köln allen Personen, die ein lokales Stadionverbot erhalten haben und sich ungerecht behandelt fühlen, ein Anhörungsrecht eingeräumt würde. Entsprechende Fans sollen sich an den Mitgliederrat oder den Fanbeauftragten wenden.
Mehrere betroffene Personen sollen nicht Mitglied der Gruppe Boyz Köln sein. Andere Betroffene sollen beim Spiel in Mönchengladbach nicht anwesend gewesen sein. Ihnen steht nun frei sich an den 1. FC Köln zu wenden. (Faszination Fankurve, 19.02.2015)
Die lokalen Stadionverbote sollen nicht nur Mitglieder der Boyz treffen, sondern auch deren Umfeld<br />Bild: Faszination Fankurve
Stellungnahme des Fan-Projekt 1. FC Köln 1991 e.V. zu den Ausschreitungen beim Bundesligaspiel in Mönchengladbach

Nicht nur FC-Präsident Werner Spinner hat das skandalöse Verhalten von Teilen der Fangruppen beim Auswärtsspiel in Mönchengladbach gehörig die Karnevalsstimmung verhagelt. Auch für große Teile der Fangemeinschaft des 1. FC Köln rückte an den sonst so „Tollen Tagen“ die Auseinandersetzung mit Pyrotechnik, Platzsturm und einem bundesweiten Schock über Anhänger aus Köln zumindest zeitweise in den Vordergrund. Die Fanbetreuer des Fan-Projekts, Beirat und Vorstand waren Augenzeugen, Ansprechpartner und versuchten sich als Antwortgeber. Nachfolgend möchten wir auf der Basis von Mails, Reaktionen in den sozialen Netzwerken und persönlichen Gesprächen eine erste öffentliche Rückmeldung geben.

Wie reagiert Ihr auf die Vorfälle?
Auch wenn es uns fast schon ausgeleiert vorkommt: Natürlich sind wir schockiert! Natürlich distanzieren wir uns in aller Form! Natürlich gehören Gewalt und Regelverletzungen in Form von verbotener Pyrotechnik nicht zu unserem Verständnis von Fankultur! Daher unterstützen wir die klare Haltung und die konsequente Reaktion unseres Vereins. Insbesondere möchten wir dem Präsidium um Werner Spinner den Rücken stärken und weitere Unterstützung zusagen. Der Weg des Dialogs ist aus unserer Sicht alternativlos. Aber die Wegrichtung muss beizeiten angepasst werden.

Ist die AG Fankultur gescheitert?
Sie kann definitiv nicht als gescheitert bezeichnet werden. Denn der FC hat es geschafft, dass Sprachlose zu Gesprächspartnern wurden und eine breite Palette von Themen ausführlich erörtert werden konnte. Im Kreise der AG wurden zwar im Vorfeld Sorgen geäußert, dass es ob des Termins und der Vorkommnisse im Hinspiel ein unruhiges Derby werden könnte. Das Ausmaß an Organisation und Aggression aber überrascht und enttäuscht. Wir werden daher kurzfristig das Gespräch mit dem Leiter der AG Fankultur Thomas Schönig und dem Fanbeauftragten Rainer Mendel suchen und besprechen, unter welchen Rahmenbedingungen die AG mit uns weiterarbeiten kann und soll.

Wird es nun – ähnlich wie in Hannover – keine aktiven Ultras mehr in der Kurve geben?
Wir glauben und hoffen, dass es nicht so sein wird. Lautstarke, kreative und bunte Unterstützung von den Rängen muss es in Müngersdorf weiterhin geben! Das Fan-Projekt wird gerne, wo möglich, einen verstärkten Beitrag dazu leisten. Aber es muss ein neuer Grundkonsens her, als lediglich „das FC-Fansein“. Dies ist zurecht ein offener Begriff. Aber wir möchten Teil einer Fangemeinschaft sein, die unter Vereinsliebe eine bedingungslose Unterstützung auf der Basis verbindlicher Regeln versteht. Wer fortgesetzt in Gruppenstärke ausschert, ist auch von uns nicht willkommen.

Müssen FC-Fans nun Angst vor Reaktionen der Ausgeschlossenen haben?
Das glauben wir nicht. Der 1. FC Köln hat mit seiner Entscheidung umgehend gehandelt und damit aus unserer Sicht auch einer internen Auseinandersetzung vorgegriffen. Wir laden jeden FC-Fan, der sich ggf. verunsichert fühlt, ein, sich mit den Fanbetreuern des Fan-Projekts in Verbindung zu setzen. Beim Heimspiel gegen Hannover stehen wir Euch, wie gewohnt, am Infostand, bei der Betreuung der FC-Fans mit Behinderung und auch als Gästefanbetreuer zur Verfügung.

Was denkt Ihr, welche Strafe droht jetzt?
Darüber möchten wir nicht spekulieren. Wir hoffen, dass die Verbände – trotz der zum Teil drastischen öffentlichen Diskussionsbeiträge – anerkennen, dass die Uhren in Köln nicht auf Mai 2012 zurückgestellt wurden. Der 1. FC Köln ist in den zurückliegenden Monaten als vorbildlich in seiner Fanarbeit wahrgenommen worden. Die Verantwortlichen haben in alle Richtungen umfassend und angemessen kommuniziert. Zudem wurde stets in die Identifizierung von Tätern investiert. Eben um die sog. verschuldensunabhängige Haftung, unter der alle FC-Fans zu leiden haben, abzumildern und Straftäter in die Verantwortung zu nehmen. Wir denken, dies sollten die – nach unserer Definition – echten FC-Fans unterstützen, anstatt einerseits über Kollektivhaftung und andererseits über Denunzierung zu debattieren.

Sind nicht auch der DFB, die Gladbacher Ordner und die Spielplanarchitekten von der DFL schuld?
Bei der intensiven Beleuchtung aller Abläufe werden die Netzwerkpartner sicher auch in diesem Fall nicht haltmachen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass Fanverhalten differenziert und neutral aufgearbeitet wird. Jedes Fehlverhalten muss gleich behandelt werden. Aber mal halblang: andere Schuldige sollten wir öffentlich erst suchen oder benennen, wenn wir mit uns im Reinen sind! Daher stellen wir klar, die Hauptverantwortlichen haben leider unter unserer Fahne gestanden.

Wir sind gespannt auf die kommenden Wochen und lassen uns nicht entmutigen. Wir rufen unsere Mitglieder und Freunde auf, den FC auch weiterhin lautstark und sportlich-fair zu unterstützen!

Ja zur Begeisterung, Nein zur Randale!

Euer Fan-Projekt 1. FC Köln 1991 e.V.

http://www.fan-projekt.de/news/artikel/ ... orten.html