Jau das „Dörbi of Love“ – immer ein nettes
Derby mit tollen Leuten und gepflegtem Fussball alter Schule. Man kennt und mag
einander schon seit Jahrzehnten, weiss dass es keinen Stress gibt, weiss das
andere Meinungen geduldet werden, nein besser noch, andere Meinungen aktiv
gefördert werden und man sich austauschen kann. Jau. Bisher. Da waren die
Fanszenen noch heterogen und tolerant. Nun gibt es diese neue Ultragruppe die
viel bewegt hat. Eine buntere Kurve – Check ! Neue Lieder, neuer Stil – Check !
Aktive Arbeit im Verein – Check ! Junge motivierte Leute auf der Hohen Warte –
Check ! Toleranz ? Da ist der Check nicht erfolgt. Man ist links. Man ist
Antifa. Okay. Top. Keine Frage es ist halt eine Meinung. Ein Problem gibt es
nur wenn diese Meinung dann die allein seligmachende wird, die nichts neben
sich duldet. Denn dann wird’s kompliziert weil sich Menschen, die schon seit
Jahr und Tag auf den Platz gehen ihre Meinung ja nicht um des lieben Friedens
willens oder weil eine neue Truppe auftaucht ändern wollen.
(Bild vom Derbycup 2006)
Das war ja bei einem anderen
Verein in Wien auch irgendwie ähnlich, dort ist eine schlagkräftige Truppe
aufgetaucht und hat alle anderen Gruppen die nicht so wollten – warum auch
immer, vielleicht wollten sie ja nur ihre Ruhe – nach und nach zum Abwandern
„bewegte“. Gut. Wie die Szene, wie die Tribüne jetzt aussieht hat man ja am
Sonntag beim „grossen Wiener Derby“ dann auch wieder gut gesehen. Kaputt halt.
Nun will ich das absolut nicht mit der Vienna und deren Jungs vergleichen (das
würde einer Beleidigung gleichkommen) sondern nur zum Nachdenken anregen, ob
diese Art der Meinungsmache – gerade in der prekären und undurchsichtigen
finanziellen Situation des Vereines derzeit – eine schlaue ist. Man wird in der
nächsten Zeit wohl viel Kraft und Zeit investieren müssen um den Verein neu
aufzustellen und das wird sicher nicht leichter wenn man jetzt innerhalb der
Fangemeinde bzw. deren Sympatisantenumfeld eine „wer nicht mit uns ist ist ein Nazi“ Schiene fahren will. Weil
nicht jeder, der nicht gleich in Jubelorgien ausbricht weil man sich am
Fussballplatz mehr mit seiner Sicht von Politik denn mit der eigenen Mannschaft
beschäftigt gleich ein Nazi ist. Vielleicht will er nur ein Fussballspiel
sehen, Bier trinken und grölen. Oder plaudern. Über Fussball zum Beispiel. Ist
vielleicht für einige Leute eine interessante Neuigkeit muss aber auch mal deutlich
ausgesprochen werden.
Aber vielleicht bin ich da noch
zu sehr „oldschool“
wie man heute im Neusprech so schön sagt und beurteile Menschen eher danach wie
sie mit mir live und vor Ort kommunizieren und nicht anhand von Fotos und
ähnlichem oder hänge mich an sogenannten Symbolen auf (die erst dann eine
Bedeutung bekommen wenn ich sie interpretiere) – weil es schlichtweg dumm ist.
Genauso dumm empfinde ich dieses neue „ich will den Anderen eigentlich nicht,
gehe aber gerne dorthin saufen“ – weils irgendwie falsch ist. Es fühlt sich
einfach nicht korrekt an, da kann man noch so schöne Worte dafür finden und an
die Intelligenz oder ähnliches appellieren – es geht einfach net. Entweder ich mag die Leute oder ich mag sie
nicht. Aber dorthin zu gehen weil man billig saufen und Musik hören kann,
andererseits aber vor den Spielen eine künstliche Rivalität aufzubauen ist
irgendwie eigenartig. Ich meine damit nicht das „Sich-gegenseitig-Häckerln“ welches bei diesen beiden Vereinen zur
Kulturform erhoben wurde sondern dieses ungute „Geht’s-in-Wirklichkeit-Olle-Scheissen“ Gehabe aus reinem Selbstzweck
heraus. Pickerlkrieg inklusive. Geht zu sehr in Richtung Selbstdarstellung und
hat für mich auch nichts mit Selbstfindung einer Gruppe zu tun sondern damit,
dass dort – für mich – keine Fussballfans mit einer politischen Meinung am Werk
sind sondern politische Aktivisten die zum Fussball gehen. Und das ist
schlecht, weil mit Ablaufdatum. Und was ist danach ?
Besonders schlecht ist es dann
wenn man zwar immer gegen die eh daueraktuellen Stereotypen und – no na – für Gleichberechtigung
auftritt – zumindest mit der Goschn und auf Papier/im Netz – aber gleichzeitig
einen Verein anfeuert der die höchsten Preise für Menschen jeden Alters und
Geschlecht fordert, dabei diskriminierend agiert und sich damit über seine
eigenen öffentlich propagierten Gruppengrundhaltungen hinwegsetzt. Im übrigen
verstösst er (der Verein) auch gegen ein vom Senat III der
Gleichbehandlungskomission im Jahre 2009 verfasstes Gutachten zum Thema Eintrittspreise.
Was aber wurscht sein dürfte, Geld stinkt bekanntlich nicht.
Dass sich Fans halbseidener
Machenschaften im Verein auch wirklich entgegenstellen können ist eh fast nicht
möglich (Stichwort: Neuer Sponsor, der beim Dörbi wieder abgeklebt wurde). Da
sollte man sich zuerst selber reflektieren anstatt sich nach aussen hin zu
produzieren. Und zwar bei Leuten die schon zur Vienna oder zum Sportklub
gegangen sind als man selber noch in Produktion war. Das ist eine neue Form von
Respektlosigkeit die die jetzige Fangeneration hat und mit der ich nur schwer
zurechtkomme. Und die ich auf unserem Platz nicht praktiziere. Dort gibt es
noch einen gegenseitigen Respekt untereinander, egal wie lange man schon dabei
ist. Das macht aber auch unsere Szene aus, die (noch immer) nicht tot ist,
obwohl der Verein schon lange in der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist.
Ich würde halt Jedermann
empfehlen sich die aktiven Szenen im Unterhaus (und die 3. Liga zählt für mich
da absolut dazu) zuerst live anzusehen, mit den Leuten zu reden und DANN erst
seine Meinung zu bilden, die man dann natürlicherweise lautstark vertreten
kann. Weil erst das dann eine Meinung ist. Alles andere ist dumme Propaganda.
Aber ja.
Diesen Freitag können sich
übrigens diese Viennafans bei den Austria Amateuren in entsprechender Form
präsentieren. Als laute, bunte, antifaschistische Gruppe die keine Nazis
duldet. Man darf gespannt sein.
Freitag, 29. August 2014
19:00 FK Austria Wien (A) - First Vienna FC
Generali-Arena, SR: Helmut Pollak