"SMS Bodrog" - Die ersten Schüsse des Ersten Weltkriegs
Im Wiener Stadt- und Landesarchiv konnte bei der
Aufarbeitung von Glasplattennegativen auf einer Abbildung die "SMS Bodrog" identifiziert werden. Dieses
Schiff beteiligte sich an den ersten Kampfhandlungen des Ersten Weltkrieges vor
Belgrad im Juli 1914.
Die "SMS
Bodrog", nach einem Fluss in der Slowakei (damals Oberungarn) benannt, wurde
1903 bis 1904 in der Werft Schoenischen-Hartmann in Budapest gebaut. Neben
diesem Schiff gab es noch sieben weitere des Schifftyps der Donaumonitore. Der
seltsam anmutende Name dieser Schiffsklasse geht auf den amerikanischen
Bürgerkrieg zurück. Das erste Flusspanzerschiff, das die Nordstaaten 1862 in den
Dienst stellten, trug den Namen "USS Monitor".
Dienst in der k.u.k. Kriegsmarine
Nach dem Zustand des Schiffes "SMS Bodrog" zu schließen, dürfte die
Aufnahme circa um 1905 in Wien bei der Kronprinz-Rudolf-Brücke (heutige
Reichsbrücke) gemacht worden sein. Die Donaumonitore fuhren bis nach Passau und
Linz. Die Aufgabe der Monitore war es, die Donau in der Österreich-Ungarischen
Monarchie zu überwachen. Das Kommando befand sich in Budapest und gehörte zur
k.u.k. Kriegsmarine.
Beschuss Belgrads
Nach dem Attentat von Sarajevo und dem darauffolgenden
Ultimatum an Serbien im Jahr 1914, welches am 28. Juli 1914 ablief, eröffneten
die Donaumonitore "Szamos", "Temes" und "Bodrog" am 29. Juli 1914 das Feuer auf
Belgrad. Der Beschuss Belgrads markiert den Beginn des Ersten Weltkriegs.
Beschossen wurden die Eisenbahnbrücke, die Radiostation und die Festung. Da
Serbien mit einem Angriff auf Belgrad gerechnet hatte, waren Artillerie,
Garnisonen und Behörden zuvor aus taktischen Gründen verlegt worden. So wurde
der Schiffsverband nur mit Gewehren und Maschinengewehren beschossen.
Ab diesem Zeitpunkt waren die Donaumonitore laufend in
Kämpfe auf Donau und Save verwickelt.
Wichtige Lebensmittellieferungen
Im Dezember 1917 trat der Waffenstillstand zwischen den
Mittelmächten und Russland in Kraft. Die darauffolgenden Friedensverhandlungen
zogen sich in die Länge. Erst am 3. März 1918 wurde der Friede von Brest-Litowsk
unterzeichnet. Die Mittelmächte brauchten jedoch dringend Getreide aus der
Ukraine, um den Hunger im eigenen Land zu mildern. Die Getreideeinfuhr sollte
durch die Besetzung der Schwarzmeerhäfen, darunter auch Odessa, ermöglicht
werden. Um die Transporte zu sichern, wurden die Donaumonitore, die eigentlich
Flussschiffe waren, herangezogen.
Für die Fahrt auf dem Schwarzen Meer wurde die "SMS Bodrog" technisch adaptiert. Bis zum
September 1918 befand sich die "Bodrog" in Odessa und wurde dann aus
militärischen Gründen zurück auf die Donau verlegt. Die militärische Lage der
Mittelmächte hatte sich verschlechtert und in Russland war die Revolution
ausgebrochen. Außerdem wäre die Fahrt im Winter auf dem stürmischen Schwarzen
Meer zurück zur Donau unmöglich gewesen.
Am 31. Oktober 1918 lief die "Bodrog" bei Visnica im
dichten Nebel auf Grund und wurde von der Mannschaft aufgegeben.
Die "SMS Bodrog" als "Sava" nach 1920
Im April 1920, nach der Aufteilung der k.u.k. Marine durch die Alliierten,
wurden die "Bodrog" und einige andere Donaumonitore dem Königreich Jugoslawien
überlassen. Dieses konnte mit den Monitoren wenig anfangen, da es weder Geld
noch die geeigneten Mannschaften hatte. So wurden Besatzungen aus der ehemaligen
k.u.k. Marine (Adriaflotte)
angefordert, um die Schiffe einsatzfähig zu machen.
Die "SMS
Bodrog" wurde in "Sava" umbenannt. 1939 erfolgten Umbauten und eine
Modernisierung der Bewaffnung. Im April 1941 wurde das Schiff bei Zemun von der
eigenen Besatzung versenkt, um das Schiff nicht in die Hände des Unabhängigen
Staates Kroatien (USK) fallen zu lassen, der mit Hitler verbündet war. Die
"Sava" wurde erneut gehoben und in die Dienste Kroatiens gestellt. Im September
1944 wurde die "Sava" von der Mannschaft bei Slavonski Brod abermals in der Save
versenkt. Die Besatzung lief zu den Partisanen über.
Nach der Gründung der Föderativen Volksrepublik
Jugoslawien 1945 wurde die "Sava" ein weiteres Mal umgebaut und für den Dienst
flott gemacht. Aus dieser Zeit gibt es fast keine Aufnahmen des Schiffes, da im
Tito-Jugoslawien strenges Fotografierverbot für militärische Anlagen galt. Der
Monitor war von 1951 bis 1963 der Flusskriegsflottille zugeteilt und wurde dann
außer Dienst gestellt.
Die "Sava" in zivilen Diensten
Die Geschichte des Schiffs von 1963 bis 2004 liegt im
Dunkeln. Es fehlen sämtliche Informationen darüber, welche zivilen Aufgaben der
ehemalige Donaumonitor hatte. Erst in jüngster Zeit konnte mehr über das
Schicksal des Schiffs herausgefunden werden.
Das Schiff wurde größtenteils ausgeschlachtet. Der
Schiffsrumpf diente im Jahr 2004 als Anlegeponton bei Belgrad am Donaukilometer
1168 an der Savemündung. Ab 2006 wurde das Schiff als Baggerponton der Firma
"Heroj Pinki" in Novisad, Serbien, gesichtet. Das Schiff war noch im
Schiffsregister verzeichnet, da es die Kennung NS3952 trug.
Im Gedenkjahr zum 1. Weltkrieg 2014 liegt die "SMS Bodrog" beziehungsweise "Sava" nun in
der Nähe der Pancevo-Brücke im Gebiet Ada Huja in Belgrad vor Anker. Es dient
als Lade- und Entladestation von Frachtschiffen für die Löschung oder Beladung
von Massengütern über eine Rohrleitung. Das Schiff befindet sich in einem
schlechten Zustand. Erste Diskussionen, das Schiff unter Denkmalschutz zu
stellen, haben bereits begonnen. Das weiß Boris Bosanac, der auch aktuelle Fotos
aufgenommen hat, aus Belgrad zu berichten.
Quellen
- Friedrich Prasky, "Die Donaumonitoren", Wien 2004
- "Austrougarska Dunavska flotila" in: Magazin za vojnu povijest 2/2013
http://www.cityofart.net/bship/sms_donau.html