Am Samstag ist RB Leipzig in die zweite Bundesliga aufgestiegen. Über 40.000 Zuschauer kamen ins Stadion, um den Aufstieg von RB Leipzig ins Bundesligaunterhaus zu sehen. Der von Red Bull inszenierte Marketing-Gag ist in Leipzig angekommen, dies beweisen die Zuschauerzahlen. Mit einem Zuschauerschnitt von über 16.000 Menschen pro Spiel belegt das Projekt mit Abstand den ersten Platz in der Liga. In der fast abgelaufenen Drittligasaison hat kein anderer Verein die Leute so zum Diskutieren gebracht wie RB Leipzig. Ein Kommentar zu einem grauenhaften und bisher einmaligen Projekt im deutschen Fußball. Was noch grauenhafter ist: Es gibt genug Leipziger, die sich für so etwas begeistern können.
Bundesweit gab es schon so viele, die zu dem Projekt aus Leipzig einen Kommentar verfasst haben, es gab schon so viele, die sich darüber aufgeregt haben. Ich verspreche, dies hier ist das letzte Mal, dass ich mich damit beschäftige. Bringen wird es sowieso nichts. Ich möchte auch nicht zum X-ten mal die Geschichte von RB Leipzig erklären und die Vereinsstrukturen aufzeigen. Das wurde schon sooft gemacht. Vielmehr möchte ich die Argumentationsweise der „Roten Bullen“ (die nennen sich ernsthaft so) erläutern und mit Argumenten entkräften. Bevor dieser Text von Leipzigern mit einem arroganten Lächeln und dem Satz „Super, wieder kostenlose Werbung für Red Bull“ abgetan wird, muss ich sagen:
Ich weiß, dass auch negative Werbung als Werbung gilt.
Und ich sage euch:
Es ist mir egal, ob dieser Konzern durch diesen Text eventuell 100 neue Dosen verkauft. Beschäftigt euch lieber mit den Argumenten und geht darauf ein.
Zunächst muss man wissen, was Red Bull ist und für was es steht. Red Bull, ein rücksichtsloses, skrupelloses, menschenverachtendes Unternehmen aus Österreich, was mit einem sehr überteuerten und ungesunden Getränk Milliarden generiert hat. Das reicht Red Bull aber noch nicht. Ihr Getränk soll das meistgetrunkene Getränk weltweit werden. Deswegen will man uns Menschen weismachen, dass Red Bull etwas ganz besonderes ist. Extremsportarten wurden erfunden, wo Menschen ans Äußerste gehen. Oder man nimmt halt Sportarten, die die Massen begeistern. Man fördert aber nicht den Sport, man missbraucht ihn lediglich als Marketinginstrument. Und genau da ist der Punkt: Wer zu RB Leipzig geht und das Projekt unterstützt, kann sich nicht als Fußballfan bezeichnen. Man ist Fan einer Marketingabteilung eines Getränkekonzerns. Dies entspricht nicht meiner Vorstellung des Fandaseins.
Das Projekt wird von den Leipzigern gern verteidigt, in dem man behauptet, dass die anderen Traditionsvereine in Leipzig jahrelang nichts auf die Reihe bekommen haben und pleite gegangen sind. Das ist ja erst mal nicht falsch. Die „Rasenballisten“ tun aber so, als würde RB seriöser arbeiten und dadurch den Leipziger Fußball retten. RB bekommt es jedoch nur auf die Reihe, weil Geld überhaupt keine Rolle spielt. Geld, was sich der „Verein“ in keinster Weise verdient hat.
JEDER Verein, der in der 4. Liga so viel Geld verbrannt hätte und zweimal den Aufstieg nicht packt, wäre daran pleite gegangen. Also hat das bei RB rein gar nichts mit Kompetenzen zu tun, sondern mit dem nie leer werdenden Füllhorn. Misserfolg bedeutet bei RB niemals ein finanzielles Risiko, wie es fast alle Vereine, gerade in der 3. Liga, eingehen. Das hat, zumindest bei mir, NICHTS mit Neid zu tun. Ich sehe meinen Verein lieber in der 3. oder 4. Liga, als mir den Erfolg auf wettbewerbsverzerrende Art und Weise zu erkaufen. Denn Fan sein bedeutet mehr, als guten Fußball sehen zu wollen.
Und wenn das – durchaus richtige – Argument kommt, dass der Kommerz den Erfolg im Fußball bestimmt und Bayern oder der BVB auch Millionen von ihren Sponsoren bekommen: Diese Vereine, ja auch die Bayern, haben sich die Möglichkeit so viel Geld mit Werbung und Marketing zu VERDIENEN über Jahrzehnte hart erarbeitet. Keiner von denen setzte sich ins gemachte Nest und glänzte dann mit Großkotzigkeit. Sie machen Werbung für verschiedene Großkonzerne und ihr existentieller Sinn besteht nicht darin, Teil der Werbeabteilung eines Konzerns zu sein. Diesen Unterschied haben die Leipziger, die zu RB gehen und das Projekt toll finden, leider noch nicht so ganz verstanden.
Was zu Beginn des Projektes in den Köpfen der Menschen vorging, die dann zu einem „Fan“ geworden sind, darüber kann man nur spekulieren. War es die Aussicht auf „familienfreundlichen, gewaltfreien“ Fußball? Im Ernst, wer vor der Gewalt Angst hatte, hätte sich bei Lok oder Chemie auch auf die Tribüne setzen können. Auch da kann man sicher gut mit Kindern Fußball gucken. Diese Ausreden klingen wie eine Rechtfertigung. Dabei bin ich davon überzeugt, dass es die Aussicht auf schnellen Erfolg war, die die Menschen dazu gebracht hat, zu RB zu gehen. So eine große Stadt wie Leipzig hat es natürlich auch verdient, mal wieder Profifußball zu sehen. Wieso eigentlich? In Schleswig-Holstein gab es noch nie einen Bundesligisten. Hätten die es nicht auch mal verdient?
Die „Fans“ sind in Leipzig auch schon fleißig dabei, eine Fanszene aufzubauen. Tatsächlich hat sich in der „Fankurve“ schon einiges getan. Es gibt aktive Leute, die Choreos anfertigen und Fahnen malen. Ich will hier jetzt keine Stammtischparolen schwingen à la „Das ist doch alles vom Verein finanziert“. Ich glaube, es gibt wirklich Leute in Leipzig, die ehrenamtlich und „aus Liebe zum Verein“ arbeiten. Beim Anblick des Liedgutes wird einem dann aber wieder schlecht: Melodien werden kopiert, Texte werden kopiert, lediglich der Vereinsname wird ausgetauscht. Eine Fanszene aufzubauen und nicht über die Generationen entstehen zu lassen, kann funktionieren, es ist dann aber verdammt langweilig. Der Kurve fehlt komplett das eigenartige, nur kopieren kann auch jede Saufgruppe in der Kreisliga. Schade, dass diese Fankurve aber bald in der Bundesliga sein soll und Deutschland auch in Europa vertreten soll/wird.
Ich liebe den Sport und Fairplay. RB „Fans“ verachten diese Aspekte und sind nur am Erfolg interessiert. Es ist nicht die Frage ob, sondern nur wann dieses Projekt in der 1. Bundesliga spielt. Leider. Auch kann niemand ernsthaft daran zweifeln, dass RB die Lizenz für die zweite Liga erhält. Zur Not wird eben das Wappen geändert. Für mich ist RB Leipzig auch noch um einiges schlimmer als Hoffenheim, wo es mit Dietmar Hopp zumindest noch einen regionalen Bezug gibt. Die Abneigung gegenüber einem Klub, der sich alles auf wettbewerbsverzerrende Art und Weise kauft, ist bei mir noch um einiges größer als die Abneigung gegenüber einem Rivalen. RB Leipzig existiert vorrangig, um für Red Bull zu werben. Hier werden der Sport, das Fairplay und der Wettbewerb, wie wir ihn lieben, mit Füßen getreten.
Der deutsche Fußball steht in den nächsten Jahren sowieso vor einer Wandlung. In Liga eins spielen neben Hoffenheim bereits zwei Werksvereine. Paderborn steht vor dem Aufstieg in die erste Liga. Ingolstadt plant den Aufstieg in den nächsten Jahren. Mit RB Leipzig wird bald ein weiterer Verein in die erste Liga aufsteigen. Red Bull ist mit seiner Taktik durchgekommen und konnte sich den Platz im deutschen Profifußball sichern. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es Nachahmer gibt. DFB und DFL müssen entscheiden, was sie wollen: Entweder sie gehen in Zukunft gegen weitere Marketingprojekte im Fußball vor, oder sie lassen es zu, dass die unteren Ligen bald attraktiver sind als die erste Liga. Was das für den deutschen Fußball insgesamt bedeutet, kann sich jeder ausmalen. In der kommenden Saison werden die ersten den Spiegel vorgehalten bekommen, für eine verfehlte Politik in den letzten Jahren, mit lauter Lücken und Schlupflöchern im Lizenzierungsverfahren. Wenn Hoffenheim auf Paderborn trifft und sich gerade mal 13.000 Menschen dafür interessieren, werden die Verantwortlichen hoffentlich etwas merken.
So, genug geschrieben. Wie bereits gesagt, all der Frust und die Empörung für dieses Projekt bringt am Ende nichts. RB Leipzig wird bald in der ersten Liga spielen, koste es, was es wolle. Wir spielen in der 3. Liga und werden den Leipzigern vermutlich für eine lange Zeit nicht mehr begegnen. Das ist auch irgendwie besser so, dann brauche ich mich nicht mehr aufregen. Ich bin der Meinung, dass irgendwann die Quittung dafür kommt, dass man solchen Projekten so wenig Widerstand leistet und die in den Fußball eindringen können.