Montag, 7. April 2014

Die Sache mit der Arbeitszeit



Der Verrat an den Arbeitnehmern

Im April soll das Arbeitszeitgesetz reformiert werden. Der 8-Stunden-Tag soll durch einen 12-Stunden-Tag ersetzt werden, die Höchstarbeitszeit soll/kann/darf/muss bei 50 Wochenstunden bleiben. Ein „Erfolg“ der Sozialpartnerschaft, ausgemacht zwischen den beiden Ministern Mitterlehner und Hunstorfer. Laut Medienkolportage soll diese neue Regelung aber „ohnehin“ nur bei Gleitzeit, Dienstreisen bzw. für Arbeitnehmer auf Montage gelten – Begründung: dann wären die Fahrzeiten zu den Arbeitsstätten schon inkludiert. Lehrlinge ab 16 dürfen ab jetzt bis zu 10 Stunden pro Tag arbeiten. Damit haben die Sozialdemokraten ihre Ideale verraten und die Arbeitnehmer noch stärker dem Arbeitsdruck seitens der Unternehmen ausgesetzt. Es klingt ja ganz nett, dass ein Herr Sozialminister meint, dass es doch gut ist, wenn der Arbeitnehmer flexibler in der Zeitgestaltung sei – als Beispiel wird da die Milchmädchenrechnung von 4 x 10 Stunden pro Woche und drei freien Tagen angeführt – doch wird das in Wirklichkeit so aussehen, dass die Unternehmen dann 5 x 10 Stunden arbeiten lassen – dürfen sie ja durch die Höchstgrenze von 50 Wochenstunden – und die Mehrleistungen wie bisher oftmals üblich dann in Freizeit ausgleichen. Tolle Sache.

Es waren ja die Sozialdemokraten die Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Forderung des 8-Stunden-Tages begonnen und diesen 1918 – der Sozialdemokrat Ferdinand Hanusch war der Urheber der Sozialgesetzgebung und Gründer der Arbeiterkammer – gesetzlich verankert hat. Bis in die 70er Jahre wurde die Höchstarbeitszeit dann auf 40, in einigen Bereichen sogar 38 Stunden gedrückt. Dies alles ist aber Makulatur, mit der geplanten (und in der Koalition schon vereinbarten) Einführung eines 12-Stunden-Tages bei 50 Wochenarbeitsstunden sind wir wieder dort, wo wir vor fast 100 Jahren waren. Bei der Ausbeutung der Arbeitskraft.

Inwieweit eine Erhöhung der täglichen Arbeitszeit überdies die prekäre Arbeitsmarktsituation entschärfen soll erschliesst sich mir leider auch nicht so ganz ausser dass die Arbeitslosen weiterhin keine Beschäftigung haben weil die Unternehmen mit dem Totschlagargument: „Entweder du hackelst länger oder du kannst gehen“ die Beschäftigten noch mehr in der Hand haben. Die Schwächsten am Arbeitsmarkt, die Lehrlinge sind davon am stärksten betroffen. Bisher war es Minderjährigen ja verboten, Überstunden zu machen bzw. mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 8 Stunden im Betrieb bleiben zu müssen (Ausnahmen abgesehen), jetzt ist das auf einmal gar nicht mehr so wichtig. Und das obwohl die Sozialdemokratie immer die „Lehrlingsförderung“ gross auf ihre Fahnen geschrieben hat. Im AK-Wahlkampf zumindest. Der ist vorüber, das Wahlergebnis eingefahren und die Versprechen vergessen. Ich würde gerne wissen was die verantwortlichen Politiker den Lehrlingen jetzt sagen oder wie sie ihnen dieses neue Gesetz verkaufen wollen. Wobei – verkauft haben sie uns alle ja schon damit.

Ferdinand Hanusch würde sich im Grabe umdrehen, sicherheitshalber hat er damals eine Feuerbestattung bekommen.

Und die immer wieder erwähnte „Flexibilität für Arbeitgeber“ ist ja auch ein Hohn jenen gegenüber die sich vergeblich um einen Job bemühen. Oder den älteren KollegInnen die ab jetzt den Druck noch grösser spüren werden, Frank Stronachs „Hire and Fire“ System wird da so nach und nach staatlich sanktioniert. Danke Frank ! Wer nicht pariert, fliegt. Eine ganz tolle Sache wenn man sich jetzt die lebenslange Durchrechnung bei Pensionen, Wiedereingliederungszahlen bei über 50jährigen, Krankenstatistiken und dergleichen hernimmt.

Wenn die Wirtschaft mehr Flexibilität will soll sie mehr Bedienstete einstellen, die dann natürlich eine flexiblere Produktion garantieren. Und ehrlich, bei den Gewinnen die die Unternehmen Jahr für Jahr einfahren – Kennzahlen dafür sind die Managerboni – fallen die Personalkosten nicht ins Gewicht. Für den Bonus eines Spitzenmanagers könnte man vermutlich an die 20 Mitarbeiter zusätzlich beschäftigen. Will man aber nicht. Es geht ja dabei um Gewinnmaximierung und in der Wirtschaftswelt wird der nicht durch die Arbeitnehmer sondern die Manager erzielt. Wie das ohne Personal geht weiss ich zwar nicht, konnte mir auch noch keiner erklären, aber es ist halt so. Manifestiert sich auch im ÖVP-Stehsatz: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Arbeitnehmern gut !“ – Ja eh !

Was dieses Gesetz für die Stadt Wien bedeuten wird, bleibt noch offen. In vielen Magistratsabteilungen gilt ja bereits die Gleitzeit, gibt es eine Rahmenarbeitszeit von 8 Stunden bei möglichen zwei Gutstunden (also insgesamt 10 Stunden) sowie zwei möglichen, wenn angeordneten Überstunden. Die tägliche Höchstarbeitszeit ist da 12 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden. Lehrlinge arbeiten 8 Stunden. Nun, jetzt „dürfen“ Lehrlinge ab 16 Jahre (und das kann man ja bei der Einstellung von neuen Lehrlingen leicht regeln) bis zu 10 Stunden täglich arbeiten. Toll. Wir alle wissen, dass die Dienstpostenpläne innerhalb der Magistratsdienststellen immer knapper werden und wir dadurch mit weniger Personal immer mehr Aufgaben übernehmen müssen. Die Arbeit muss ja gemacht werden. Lehrlinge fallen ja nicht in die Dienstpostenpläne der einzelnen Magistratsabteilungen, daher können theoretisch beliebig viele Lehrlinge angefordert und ausgebildet werden, wenn sich eine entsprechend qualifizierte Kollegin dort befindet. Mit der neuen Regelung wird es wohl so sein, dass die Stadt Wien noch stärker auf Lehrlinge zur Abdeckung von Personallücken setzen wird. Was natürlich Humbug ist, denn Lehrlinge in Ausbildung binden wiederum Personalressourcen. Nämlich den oder die LehrlingsausbildnerInnen.

Wie die Sache mit den Überstundenregelungen aussieht bleibt abzuwarten, da muss erst der Gesetzestext veröffentlicht werden um Rückschlüsse ziehen zu können. Mein Gefühl sagt mir aber, dass sich da nicht viel zum Besseren ändern wird.