Auf den "Seven Summits" unter dem
Laaer Berg
Neulich,
ich hatte mir ein paar Tage freigenommen, beschloss ich, den Mount Everest zu
besteigen. Ich weiß, das ist längst nichts Besonderes mehr.
25.03.2014
| 18:17 | Wolfgang Freitag (Die Presse)
Neulich, ich hatte mir ein paar
Tage freigenommen, beschloss ich, den Mount Everest zu besteigen. Ich weiß, das
ist längst nichts Besonderes mehr, Reiseveranstalter, die etwas auf sich
halten, bieten ja schon seit Jahren ein Himalaja-8000er-All-inclusive für den
„ambitionierten Bergfreund“ an, und in Zeiten, in denen man nur noch dann in
die Schlagzeilen kommt, wenn man die läppischen paar tausend Höhenmeter
aufwärts im Kopfstand, abwärts auf Inlineskates bewältigt, in solchen Zeiten
ist eine kleine Mount-Everest-Tour nicht viel mehr, als unseren Großeltern ein
Ausflug auf den Parapluiberg war. Mir freilich ist Ruhm ohnehin egal, und im
Übrigen wollte ich ja nur ein wenig entspannen.
Ich wählte den Anstieg über die
Ostflanke, der zwar, den Zentralverschiebebahnhof Kledering querend, sonst
keine besonderen Gefahren birgt, aber auch kaum Gelegenheit bietet, den eigenen
Körper auf die Ansprüche einer extremen Höhenlage zu adaptieren. Das Wetter
schien mir vorerst nicht geneigt, wilde Winde fegten über Unteres Feld und
Mittleres Feld und Oberes Feld und all die anderen Südostwiener Felder, und das
wüste Tosen der Außenringschnellstraße S1 füllte grollend des Sturmes
Atmenholen zwischen den Böen.
Doch dann, gleich hinter der
Himberger Straße: Welch majestätisches Sandbergpanorama, das die Asfinag da den
Wiener Stadträndlerinnen und Stadträndlern spendiert hat. Lärmschutzhügel, zu
sieben Gipfeln geformt und prompt als „Seven Summits“ ausgewiesen, als jeweils
höchste Höhen der sieben Kontinente. Ich beschied mich mit zweien, klomm klopfenden
Herzens die gefürchtete Südsteilwand des S1-Aconcagua empor, querte auf
schmalem Steppengrasrücken zum benachbarten Mount Everest, um von da wieder in
die Untiefen des Wiener Beckens zu tauchen. Ein Erlebnis von unvergesslicher
Wucht. Nur eines muss ich dementieren: dass der Mount Everest die höchste
Erhebung auf Erden sei. Aus eigener Anschauung weiß ich: Er ist nicht einmal
halb so hoch wie der Laaer Berg. In Favoriten jedenfalls.
E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe,
26.03.2014)
Asfinag-Gipfel: Aconcagua, dahinter Everest, Wien Favoriten. / Bild: (c) Die Presse (Wolfang Freitag)