Hoeneß soll sieben Jahre Steuern hinterzogen haben
FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß muss sich insgesamt wegen sieben Fällen der Steuerhinterziehung verantworten. Experten schätzen, dass es am Ende auf einen Vergleich hinauslaufen könnte. Von Martin Greive und Karsten Seibel
Beruflich war 2013 für Uli Hoeneß ein Glanzjahr. Sein FC Bayern räumte alles ab, was es zu holen gab. Für den Privatmann Hoeneß lief das vergangene Jahr dagegen alles andere als erfreulich. "Privat ist es für mich und meine Familie das schwierigste Jahr in unserem Leben", sagt Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung angeklagt ist.
Und das neue Jahr beginnt für den Präsidenten des FC Bayern nicht viel besser. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung muss sich Hoeneß in seinem Prozess wegen angeblicher Steuerhinterziehung in sieben Fällen verantworten. Die Fälle beziehen sich laut dem Bericht auf die Einkommensteuer. Andere Fälle, in denen Hoeneß Steuern hinterzogen habe, seien dagegen verjährt. Bei der schweren Steuerhinterziehung beträgt die Verfolgungsfrist zehn Jahre. Alles was davor liegt, ist strafrechtlich irrelevant. Fälle einfacher Steuerhinterziehung verjähren in fünf Jahren.
"Sieben Fälle bedeuten übersetzt Anklage für sieben Jahre, wenn sich der Vorwurf nur auf die Einkommensteuer bezieht und nicht auch beispielsweise auf die Umsatzsteuer", sagt der Rechtsanwalt Markus Deutsch. Auch Christine Varga, Steuerstrafrechtlerin der Kanzlei Rödl & Partner, sagt: "Wenn in Zusammenhang mit Einkommensteuerhinterziehung von sieben Fällen die Rede ist, dann heißt dies nichts anderes, als dass der Beschuldigte in sieben der zehn steuer- und strafrechtlich relevanten Jahre Einnahmen nicht versteuert hat."
Gesamtstrafe aus sieben Einzelfällen
Weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung von Hoeneß wollten Stellung zu dem Bericht der "Bild"-Zeitung nehmen. In Steuerverfahren wird wegen des Steuergeheimnisses die Anklage erst durch die Verlesung durch das Gericht öffentlich gemacht und nicht im Vorfeld eines Verfahrens. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, er gehe davon aus, dass der genaue Inhalt der Anklage deshalb auch erst mit Prozessbeginn öffentlich werde.
Am 10. März soll der Prozess gegen Hoeneß vor dem Landgericht München beginnen. Der Bayern-Präsident soll über ein Konto in der Schweiz insgesamt 3,2 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben. Bereits ab einer Million Euro sollen nach einem Grundsatzentscheid des Bundesgerichtshofes Gefängnisstrafen verhängt werden, sofern keine Selbstanzeige vorliegt. Eine misslungene Selbstanzeige kann eine Strafe lindern. Ist die Selbstanzeige voll wirksam, geht der Steuerbetrüger straffrei aus.
Hoeneß hatte eine Selbstanzeige zwar Anfang 2013 bei dem für ihn zuständigen Finanzamt Rosenheim eingereicht. Die Staatsanwaltschaft betrachtet die Selbstanzeige aber als unwirksam und klagte Hoeneß deshalb an. Im Fall einer Verurteilung droht dem 62-Jährigen eine Haftstrafe. Bei der möglichen Verurteilung wird aus den sieben Einzelfällen eine Gesamtstrafe gebildet.
"Für die Frage, ob Bewährung oder nicht, ist nicht nur wichtig, wie sich die insgesamt aufgelaufene Steuerschuld auf die einzelnen Jahre verteilt", sagt Steuerstrafrechtlerin Varga. "Bei der Gesamtwürdigung durch den Richter kann beispielsweise auch eine Rolle spielen, ob der Beschuldigte ansonsten eine weiße Weste hat und ob er seine Steuerschuld inklusive Strafzinsen zwischenzeitlich bereits beglichen hat." Hoeneß hat bereits eine Abschlagszahlung ans Finanzamt überwiesen.
Anwalt setzt auf einen Freispruch
Der Anwalt des Bayern-Präsidenten, Hanns Feigen, will nachweisen, dass Hoeneß sich bei seiner Selbstanzeige korrekt verhalten hat – und setzt auf einen Freispruch. Hoeneß hatte Feigen Anfang Dezember für Werner Leitner in sein Verteidiger-Team geholt. Der Bayern-Präsident wollte Privates von Beruflichen trennen. Leitner ist auch strafrechtlicher Berater des FC Bayern. Deshalb hatte Hoeneß Leitner gebeten, sein Mandat niederzulegen.
Feigen steht dagegen in keinerlei Verbindung zu dem Sportclub. Er gilt als Mann für die schweren Fälle. Für den ehemaligen Infineon-Chef Ulrich Schumacher, angeklagt wegen Korruption, erwirkte Feigen einen Freispruch.
2008 vertrat er den damaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel in dessen Steueraffäre. Zumwinkel hatte eine Million Euro am Fiskus vorbeigeschleust, wie er später zugab. Feigen riet ihm zu einem umfassenden Geständnis. Am Ende kam Zumwinkel mit zwei Jahren Haft auf Bewährung glimpflich davon.
Der Fall Hoeneß liegt allerdings anders. Der Bayern-Chef hat kein unversteuertes Geld in die Schweiz transferiert. Er soll mit Geld, das ihm der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus geliehen hat, spekuliert und die Gewinne nicht versteuert haben. Hoeneß will Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern bleiben, sofern er nicht ins Gefängnis muss.
Viele Experten schätzen, dass es auf einen Vergleich hinauslaufen könnte. "Ist die Tatsachenlage auch nach Beweiserhebung vor dem Strafgericht unklar, halte ich einen sogenannten Deal für nicht unwahrscheinlich", sagt Deutsch.