Népszava („Volksstimme“) ist eine im
Jahr 1877 – andere Quellen sprechen sogar von 1873 – in Budapest von Viktor Külföldi gegründete sozialdemokratische ungarischeTageszeitung.
Sie war bis 1948 die offizielle Zeitung der Ungarischen
Sozial-Demokratischen Partei (MSZDP).
1940 wurde auch der nachmalige Staatspräsident Árpád Szakasits Chefredakteur.
Zwischen
1948 und 1989 in der Periode des Kommunismus in Ungarn war sie die offizielle
Zeitung der ungarischen Gewerkschaften.
1990 wurde sie reformiert und gehörte bis 2002 dem Zentralrat der ungarischen
Gewerkschaften. Später wurde sie privatisiert und gehörte kurze Zeit einer
Werbeagentur namens ESMA. Gegenwärtig hat sie sich der Sozialdemokratie wieder
angenähert, ist aber im Besitz ihres Managements und hofft auf Spenden.
Am
3. Dezember 2010 erschien Népszava aus Protest gegen das mittlerweile
verabschiedete Regierungsvorhaben einer Verfassungsänderung zu einer
verschärften Medienkontrolle durch die Staatliche Behörde für Medien und
NachrichtenübermittlungNemzeti Média- és Hírközlési Hatóság mit leerem Titelblatt.
Hochgeladen 17 May 2011, von Peter Bognar
„Volksstimme“ in
finanziellen Nöten
Seit einiger Zeit ist in
der Online-Ausgabe der „sozialdemokratischen Tageszeitung“ Népszava (Deutsch:
Volksstimme) ein dramatischer Appell zu lesen: „Solange wir ein Blatt haben,
haben wir eine Stimme!“ Die Népszava bittet ihre Online-Leser darin, in die
Tasche zu greifen und ein Jahresabonnement (34.800 Forint) zu kaufen. 10.000
Jahres-Abos seien nötig, um die „138-jährige“ Zeitung über Wasser zu halten,
heißt es. Die Zeitung braucht demnach knapp 350 Millionen Forint zum Überleben.
Eine Menge Geld.
Das weiß auch Chefredakteur Péter
Németh. „Wir müssten unsere Jahresabonnements um fast 100 Prozent erhöhen“,
sagt er. Worauf die finanzielle Malaise zurückzuführen sei? In der Zeitung gebe
es kaum noch Inserate, von staatlichen Anzeigen gar nicht zu sprechen. Seit die
rechtskonservative Regierung von Viktor Orbán am Ruder ist, seien staatliche
Inserate aus der Zeitung völlig verschwunden, erklärt Németh.
Der Chefredakteur von Népszava weist hierbei darauf hin, dass die linksliberalen Regierungen freigebiger und toleranter gewesen seien. So seien zwischen 2002 und 2010 auch konservative Zeitungen, die heute als regierungsnah gelten, in den Genuss von staatlichen Anzeigen gekommen. Warum die Inserate aus der Privatwirtschaft in der Zeitung so dünn gesät seien, wollen wir wissen. Némeths Antwort: Unternehmen würden schlicht und einfach deshalb nicht inserieren, weil sie Angst vor Kontrollen der Steuerbehörde hätten.
Steigende Verkaufszahlen
als einziger Lichtblick in der tristen Situation
Was die Verkaufszahlen angeht, stehe
Népszava derzeit gar nicht so schlecht da. „Erst gestern wurden die neuesten
Zahlen veröffentlicht. Demnach hat Népszava um sechs Prozent gegenüber dem
Vorjahr zugelegt“, sagt Németh. Dies ist insofern beachtlich, als die anderen
Tageszeitungen viele Leser verloren haben. Ob am Horizont bereits ein
rettender Investor auszumachen sei? „Nein“, lautet die Antwort. Und was habe es
mit dem Angebot des Baulöwen und Multimilliardärs Sándor Demján auf sich,
Népszava finanziell unter die Arme zu greifen?
Chefredakteur Németh winkt ab: „Das ist nichts Ernstes.“ Demján habe an eine finanzielle Unterstützung für die Zeitung die Bedingung geknüpft, eine sozialdemokratische Partei zu gründen. „Damit kann ich nichts anfangen“, sagt er. Die Situation bei Népszava ist mithin wirklich prekär. Wie lange die Zeitung denn überhaupt noch finanziell über die Runden komme? „Das kann ein Monat sein oder auch ein halbes Jahr, ich weiß es nicht“, so die Antwort Némeths.
Themenwechsel: Was unterscheidet eigentlich die zwei linken Tageszeitungen Népszabadság und Népszava voneinander? Népszabadság sei eher ein Mittelinksblatt. Zudem habe Népszava ein weit markanteres linkes Profil als Népszabadság. Ob es denn tatsächlich ein Naheverhältnis zu den oppositionellen Sozialisten (MSZP) gebe, wollen wir nun erfahren. „Ja, das gibt es.“ Németh umschreibt die Beziehungen seiner Zeitung zur Oppositionspartei folgendermaßen: „Sie können auf uns zählen, wir können auf sie zählen.“ Németh artikuliert diesbezüglich seine Hoffnung, dass die MSZP gerade in dieser schweren Stunde für Népszava zur Stelle sein wird.
Schließlich kommen wir auf die Schwerpunktsetzungen der Zeitung zu sprechen. Németh betont, dass der politische Teil und die zum Teil ganzseitigen Hintergrundberichte neben den Kommentaren das größte Gewicht hätten. Die Kommentarseite leite Iván Andrassew, eine emblematische Figur unter den linken Publizisten des Landes. Unter den Kommentatoren, die regelmäßig Meinungsartikel für Népszava schreiben, seien auch zwei andere namhafte linke Publizisten zu finden, György Bolgár und Tamás Mészáros. In Anbetracht der klammen Finanzlage des Blattes schrieben die beiden genannten Journalisten ihre Kommentare seit Monaten sogar gratis, sagt Németh.
Zum Abschluss des Gesprächs betont Chefredakteur Németh noch, welch schweren Stand linke Medien heute in Ungarn hätten. „Wir geraten immer mehr ins Hintertreffen. Ich kann die linken Medien bereits an einer Hand abzählen“, so Németh. Demgegenüber werde das Netzwerk an rechten Medien immer größer. Und die Fäden all dieser rechten Medien liefen in einer Zentrale zusammen, die Fidesz hieße, vermeint Péter Németh zu wissen.
Népszava
Die Zeitung Népszava blickt auf eine lange Vergangenheit
zurück. 1873 gegründet war sie ursprünglich das Blatt der Ungarischen
Sozialdemokratischen Partei (MSZDP). Während des real existierenden Sozialismus
galt Népszava als Zeitung der Gewerkschaften. Seit der Wende steht das Blatt
den Sozialisten (MSZP) nahe. Auch die Budapester Zeitung konnte sich davon
überzeugen: Während des Gesprächs mit Chefredakteur Péter Németh kam zufällig
ein Anruf von Attila Mesterházy, dem Vorsitzenden und Fraktionschef der MSZP.
Németh war einst Chefredakteur der Magyar Hírlap, als die Zeitung noch eine
linksliberale Ausrichtung hatte. Vor einigen Jahren ist die Magyar Hírlap
allerdings zu einem konservativen Blatt mutiert, was für Németh „besonders
schmerzhaft“ gewesen sei. Doch zurück zu Népszava: Die Zeitung erscheint von
Montag bis Samstag auf 16 Seiten. Am Samstag liegt dem Blatt auch die
Wochenendbeilage „Szép Szó“ (Deutsch: Schönes Wort) bei, die einst vom großen
ungarischen Dichter Attila József und dem international renommierten Historiker
Ferenc Fejt? gegründet worden war. Népszava beschäftigt heute rund 70 Personen,
darunter etwa 40 Journalisten. pebo
Falls also jemand 120 EURO zuviel hat, das wäre eine gute Investition in die demokratische Meinungsbildung Ungarns