Dienstag, 31. Juli 2012

Sozialistisches Patientenkollektiv


Am 12. Februar 1970 gründete der Assistenzarzt der Poliklinik der Universität Heidelberg, Wolfgang Huber das sogenannte Sozialistische Patientenkollektiv. Er wollte eine klassenlose Therapiegesellschaft, weil er der Ansicht ist, dass Krankheit eine Reaktion der Kapitalgesellschaft heutiger Prägung ist und deswegen auch grundlegend von ihr verursacht wird. Huber wollte mit Hilfe der sogenannten „Antipsychatrie“ aus der Krankheit eine Waffe machen – viele seiner späteren Patienten gingen in der zweiten und dritten Generation der Rote Armee Fraktion auf, frei nach dem Motto: „Irre an die Waffen !“ Damit wollte er den Kampf mit der krankmachenden privatwirtschaftlich-patriarchalischen Gesellschaft aufnehmen. Huber scharte etwa 300 Jünger um sich (lt. Stefan Aust „Der Baader Meinhof Komplex“) und erregte schon bald die Aufmerksamkeit der Klinikleitung, die ihn und seine Patienten rauswerfen wollten. Nach heftigen, teils öffentlich geführten Diskussionen behielt Huber sein Salär und die Räumlichkeiten. Dort entfaltete er sich jetzt vollkommen autonom und wurde erst eingebremst, als ein Mitglied des Kollektivs Suizid beging und andere in Kontakt mit der Baader Meinhof Bande kamen – die Polizei durchsuchte seine Räumlichkeiten und nahm einige Personen vorübergehend fest. Sie gehörten einem geheimen „inneren Kreis“ an, der den restlichen Mitgliedern verborgen blieb und war mit Waffen und gefälschten Dokumenten versehen. Sie wurden als kriminelle Vereinigung eingestuft und teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Einige Mitglieder des SPK wechselten in dieser Zeit zur RAF, darunter Klaus Jünschke, Margrit Schiller, Lutz Taufer, Bernhard Rössner, Hanna Krabbe und Siegfried Hausner, Elisabeth von Dyck, Ralf Baptist Friedrich, Sieglinde Hofmann und mutmaßlich Friederike Krabbe. Bei der Geiselnahme in der deutschen Botschaft in Stockholm 1975 waren Taufer, Rössner, Hanna Krabbe und Hausner beteiligt, an der Anschlagserie vom Herbst 1977 von Dyck, Friedrich, Hofmann, ev. Friederike Krabbe.


Heute existiert eine Nachfolgeorganisation des Patientenkollektivs in Mannheim, von der RAF und ihren Taten distanzieren sich diese Personen aber klar und deutlich. Auch in Österreich tauchen immer wieder Publikationen der „Sozialistischen Patientenfront“ auf – vor allem bei autonomen Demos und Infoveranstaltungen. Bedeutung haben diese aber keine.