Der MOSSAD
Mossad (המוסד למודיעין ולתפקידים מיוחדים, haMosad leModi'in uLeTafkidim Mejuchadim?/i, Institut für Aufklärung und besondere Aufgaben, eigentlich Mosad Merkazi leModi'in uLeTafkidim Mejuchadim, „Allgemeiner Nachrichten- und Sicherheitsdienst") ist der Name des israelischen Auslandsgeheimdienstes. Intern wird der Dienst kurz das Institut (haMosad) genannt. Er ist in seiner Funktion vergleichbar mit der US-amerikanischen CIA oder dem deutschen BND, die rechtlichen Befugnisse des Mossad reichen jedoch wesentlich weiter. Auch andere jüdische Organisationen wurden „Mossad“ genannt, unter anderem der Mossad le Alija Bet, der die heimliche Immigration nach Palästina organisierte. Das Hauptquartier des Mossad befindet sich in Tel Aviv. Seine Personalstärke wird auf rund 1.200 Mitarbeiter geschätzt. Lediglich ein Bruchteil der Mitarbeiter sind aktive Agentenführer, so genannte Katsas. Die im Vergleich zu anderen Geheimdiensten geringe Anzahl an operativen Mitarbeitern erklärt sich dadurch, dass der Mossad weltweit auf ein engmaschiges Netz an freiwilligen Helfern (Sajanim) zurückgreifen kann. Meistens handelt es sich dabei um Personen (israelische Staatsbürger oder jüdische Sympathisanten anderer Staatsangehörigkeiten), die im Zielland einer Operation ansässig sind und diskret logistische Unterstützung leisten, zum Beispiel durch Bereitstellung von Transportmitteln, sicheren Wohnungen oder durch Beschaffung von Information. Die jeweilige Identität des Mossad-Chefs war lange ein israelisches Staatsgeheimnis. Seit Ende der 1990er Jahre werden die Namen aber bekanntgegeben. Der Mossad wurde am 1. September 1951 mit der Zusammenführung der Vorgängereinrichtungen Zentralinstitut für Koordination und Zentralinstitut für Aufklärung und Sicherheit gegründet. Bekannt gewordene oder vermutete Aktionen des Mossad in der Vergangenheit werden im Folgenden in Übersichtslisten dargestellt. Nach dem Mord an Israels Premierminister Jitzhak Rabin und verschiedenen Fehlschlägen musste der in der Öffentlichkeit bis dahin nur als „S“ bekannte Schabtai Schawit als Generaldirektor des Mossad zurücktreten. Am 24. März 1996 wurde Generalmajor Dani Jatom zum neuen Generaldirektor ernannt. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Namen der Mossad-Chefs erstmals öffentlich bekannt gegeben. Als Folge des missglückten Attentats auf Chalid Masch'al (siehe unten) und einer missglückten Operation in der Schweiz trat Jatom zurück. Den Posten übernahm im März 1998 Ephraim Halevy. Halevy war zuvor Mossad-Agent und dann Vertreter Israels bei der Europäischen Union gewesen. Im Oktober 2002 entließ der damalige Premierminister Ariel Scharon Halevy, mit dem er wiederholt über die richtige Strategie gegen den palästinensischen Terror in Streit geraten war. Nachfolger wurde General Meir Dagan. Er diente gemeinsam mit Scharon in der israelischen Armee. Dagan leitete eine Kommandoeinheit, die im Gazastreifen militante Palästinenser aufspürte und liquidierte. Unter ihm widmete sich der Mossad wieder mehr verdeckten Operationen und Spezialoperationen und konzentrierte sich auf die Bekämpfung der von Israel als Bedrohung betrachteten kerntechnischen Programms des Irans. Seit November 2010 steht Tamir Pardo an der Spitze des Geheimdienstes.
Operation CAESAREA
Caesarea war der Name einer Sondereinheit des israelischen Geheimdienstes Mossad, die mit der Liquidierung der Geiselnehmer und Hintermänner der Geiselnahme von München im Jahr 1972 beauftragt war. Caesarea gelang es, mehr als 20 so genannte Zielpersonen (mutmaßliche Verantwortliche für das Attentat) zu töten, wobei umstritten ist, inwieweit es sich dabei tatsächlich um Verantwortliche für das Olympia-Attentat handelte. Erster Kommandeur der Spezialeinheit Caesarea war der spätere Ministerpräsident und höchstdekorierte Soldat der IDF Ehud Barak. Caesarea hat mutmaßlich noch in den 1990ern Exekutionen durchgeführt und stellte diese offiziell erst 1994 mit der Unterzeichnung des ersten Oslo-Abkommens ein. Bei den Aktionen kamen, einigen Angaben zufolge, mehr Unschuldige als Zielpersonen zu Tode. So wurde am 21. Juli 1973 der völlig unbeteiligte Ahmed Bouchiki in Lillehammer getötet, weil man ihn mit dem gesuchten Ali Hassan Salameh verwechselt hatte. Auch bei der späteren Liquidierung von Salameh durch eine Autobombe in Beirut wurden zwölf unbeteiligte Passanten getötet. Ob von den drei Attentätern, die die missglückte Befreiungsaktion der deutschen Polizei während des Olympia-Attentats überlebten und kurz nach ihrer Festnahme mittels einer Flugzeugentführung freigepresst wurden, einige von Caesarea liquidiert werden konnten, ist unklar. Die von Caesarea durchgeführten Operationen wurden öffentlich auch unter den nicht vom Mossad vergebenen Namen „Operation Wrath of God“ (Zorn Gottes) bzw „Operation Bayonet“ (Bajonett) diskutiert. – Die Sondereinheit Caesarea ist in der Abteilung Kidon aufgegangen.
16. Oktober 1972 – Liquidierung von Abdel Wael Zwaiter
Bei der ersten Aktion von Caesarea wurde am 16. Oktober 1972 der Palästinenser Abdel Wael Zwaiter in Rom von zwei Mossad-Agenten, die ihn in seiner Wohnung erwarteten, mit 12 Schüssen getötet. Zwaiter war zu diesem Zeitpunkt der offizielle Repräsentant der PLO in Italien. Während Italien inoffiziell behauptete, er sei als Mitglied des Schwarzen Septembers an der misslungenen Entführung eines El-Al-Flugzeuges beteiligt gewesen, wurde dies von der PLO bestritten. Abu Iyad, der stellvertretende PLO-Chef behauptete hingegen, Zwaiter habe Terrorismus „energisch“ verurteilt.
8. Dezember 1972 – Liquidierung von Mahmoud Hamshari
Der zweite Anschlag von Caesarea galt am 8. Dezember 1972 dem PLO-Repräsentanten in Frankreich, Dr. Mahmoud Hamshari. Ein sich als Journalist ausgebender Agent verschaffte einem Team Zugang zu Hamsharis Wohnung, in der eine Bombe unter dem Tischtelefon installiert wurde. Der „Journalist“ versicherte sich mit einem Anruf der Anwesenheit von Hamshari, woraufhin ein Zündsignal durchs Telefon gesendet wurde. Hamshari starb nicht sofort, erlag aber innerhalb eines Monats seinen Verletzungen. Anlass für seine Liquidierung war, dass Israel ihn für den Leiter des Schwarzen Septembers in Frankreich hielt.
24. Januar 1973 – Liquidierung von Hussein Al Bashir
Am Abend des 24. Januar 1973 wurde Hussein Al Bashir (Hussein Abad Al Chir), der Fatah-Repräsentant in Zypern, in seinem Hotelzimmer in Nikosia durch eine von Caesarea ferngezündete Bombe getötet. Israel hielt ihn für den Kopf des Schwarzen Septembers in Zypern. Grund für seine Liquidierung waren allerdings möglicherweise auch seine engen Verbindungen zum KGB.
6. April 1973 – Liquidierung von Basil Al-Kubaissi
Dr. Basil Al-Kubaissi, Professor für Rechtswissenschaft an der Amerikanischen Universität von Beirut, wurde am 6. April 1973 von zwei Caesarea-Mitgliedern bei der Rückkehr vom Abendessen in Paris mit zwölf Schüssen getötet. Er wurde von Israel verdächtigt, Schwarzer September bei der Waffenbeschaffung zu unterstützen und an anderen Palästinenser-Aktionen beteiligt gewesen zu sein.
9. April 1973 – Operation Frühling der Jugend (Muhammad Youssef Al-Najjar, Kamal Adwan, Kamal Nasser)
Da eine Reihe von Zielpersonen der Liquidations-Liste in gut gesicherten Häusern im Libanon wohnten und somit mit den bisherigen Anschlags-Methoden nicht zu erreichen waren, startete Caesarea die Operation Frühling der Jugend (Operation Spring of Youth). In der Nacht vom 9. auf den 10. April 1973 drangen Sayeret-Matkal-Kommandos, ein Team Fallschirmjäger und eins der Shayetet 13, der israelischen Kommando-Kampfschwimmer nach Beirut und Sidon ein. Dort töteten sie einige hochrangige Mitglieder der PLO und des Schwarzen Septembers, u. a. Muhammad Youssef Al-Najjar (Abu Youssef), den Führungsoffizier des Schwarzer September und PLO-Offiziellen, Kamal Adwan, einen Führungs- und Geheimdienstoffizier des Schwarzer September und Leiter aller Terroroperationen auf israelischen Staatsgebiet, sowie Kamal Nasser, den PLO-Sprecher. Youssef und seine Frau wurden in ihrem Badezimmer durch Gewehrfeuer getötet, als ein Kommando ihre Beiruter Wohnung stürmte.
11. April 1973 – Anschläge auf Zaiad Muchasi, Abdel Hamid Shibi und Abdel Hadi Nakaa
Der Operation in Libanon folgten schnell drei weitere Anschläge in Athen und Rom. Zaiad Muchasi, der Nachfolger von Hussein Al Bashir in Zypern wurde in seinem Athener Hotel in die Luft gesprengt. Zwei nachrangige Mitglieder des Schwarzer September, Abdel Hamid Shibi und Abdel Hadi Nakaa, wurden in ihrem Fahrzeug in Rom verletzt.
28. Juni 1973 – Liquidierung von Mohammad Boudia
Später verfolgte Caesarea die Spur von Mohammad Boudia, dem in Algerien geborenen Einsatz-Direktor des Schwarzen Septembers in Frankreich. Er starb am 28. Juni 1973 durch eine vom Mossad unter dem Sitz seines Wagens platzierte Anti-Personen-Mine, deren Wirkung durch Schrauben und Muttern verstärkt war.
21. Juli 1973 – Die Lillehammer-Affäre
Offensichtlich durch die bisherigen Erfolge nachlässig geworden, versuchte Caesarea am 21. Juli 1973 den vermeintlich in Lillehammer aufgespürten Ali Hassan Salameh ohne ausreichende Überprüfung der Identität zu liquidieren. Dadurch wurde irrtümlich der Salameh leicht ähnlich sehende marokkanische Kellner Ahmed Bouchiki getötet. Sechs Mitglieder des mindestens neunköpfigenTötungs-Kommandos wurden verhaftet, der Rest, darunter die Todesschützen sowie der Einsatzleiter, konnten unentdeckt fliehen. Im Prozess wurden fünf Agenten zu Haftstrafen zwischen fünfeinhalb und zwei Jahren verurteilt, einer wurde freigesprochen. Norwegen hatte die auf Unterlassung der Strafverfolgung gerichtete Interventionen Israels zurückgewiesen. Die Strafen blieben allerdings weit unter den in Norwegen üblichen Mindeststrafen und hatten wegen großzügiger Freigangsregelungen kaum praktische Bedeutung. Darüber hinaus wurden die Agenten 1975 entlassen und nach Israel abgeschoben. Ein Auslieferungsersuchen Norwegens für den Einsatzleiter Harari wurde von Israel erwartungsgemäß abgelehnt. Auf Grund der internationalen Entrüstung über die Affäre sah sich Golda Meir gezwungen, offiziell die Anweisung zum Aussetzen der Liquidationen zu geben.
22. Januar 1979 – Liquidation von Ali Hassan Salameh („Roter Prinz“)
Salameh, der sog. „Rote Prinz“
Nach fünfjähriger Unterbrechung wurden die Liquidationen unter dem Premierminister Menachem Begin wieder aufgenommen. Im Zuge dessen wurde vorrangig die Verfolgung von Ali Hassan Salameh fortgesetzt, der als sog. „Roter Prinz“ als Leiter des Schwarzen Septembers Force 17 galt und als Initiator und Planer des Olympia-Attentates angesehen wurde. Der Mossad begann Salamehs Bewegungen nachzuvollziehen und lokalisierte ihn im Spätherbst 1978 in Beirut. Eine Mossad-Agentin mit dem Decknamen Erika Mary Chambers wurde auf ihn angesetzt und reiste mit Britischem Pass aus dem Jahr 1975 nach Beirut, mietete eine Wohnung in der Rue Verdun, einer von Salameh häufig benutzen Straße und suchte seine Gesellschaft. Ihr gelang die Kontaktaufnahme und die Ausforschung seines Bewegungsprofils und seiner täglichen Gewohnheiten. Einige weitere Agenten wurden unter Decknamen nach Beirut nachgeführt, darunter Peter Scriver und Roland Kolberg. Mit Hilfe Erika Marys gewonnenen Information wurde ein VW-Fahrzeug mit Plastiksprengstoff präpariert und in Sichtweite von Chambers Wohnung in der Rue Verdun platziert. Um 3:35 Uhr fuhr Salemeh begleitet von vier Leibwächtern in einem Chevrolet Station Wagon die Straße entlang, als die Autobombe im PKW ferngezündet wurde. Mit Salameh starben alle Insassen des Fahrzeugs sowie eine Anzahl unbeteiligter Passanten, darunter eine deutsche Nonne und ein englischer Student (manche Quellen sprechen von vier getöteten Passanten, die ZDF-Dokumentation Der Olympia-Mord von einem Dutzend unschuldig Getöteter). Die erfolgreiche Liquidation von Salameh war mindestens der fünfte Mossad-Anschlag auf ihn. Erst im Dezember 2001 wurde bekannt, dass Salameh auch für verschiedene Anschläge in Fernost verantwortlich war.
27. Juni 1981 – Fehlgeschlagenes Attentat auf Abu Daoud
Abu Daoud, ein Kommandeur der Gruppe Schwarzer September, der sich offen dazu bekannte, an der Planung des Olympia-Attentates mitgearbeitet zu haben, wurde am 27. Juni 1981 in der Lobby seines Warschauer Hotels Victoria niedergeschossen, überlebte aber trotz schwerer Verletzungen. Er behauptete, dass der Mossad hinter dem Anschlag stecke. Möglicherweise ist aber auch eine Splittergruppe der PLO dafür verantwortlich.
Ahmet BOUCHIKI